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Am Rande des Weltkrieges oder längst drin?

Am Rande des Weltkrieges oder längst drin? BRICS im Aufwärtstrend

Die Menschheit befindet sich in einem neuen globalen Krieg, der mit den bisherigen Weltkriegen nicht vergleichbar ist. Die aktuellen militärischen Auseinandersetzungen stehen diesen an Grausamkeit und Menschenverachtung in nichts nach, aber sie werden durch den Wirtschaftskrieg ergänzt.

Der ideologische Konflikt ist der des Antiimperialismus gegen das US-Imperium.

Wie nahe wir am Atomkrieg entlang schrammen ist unklar. Wir sollten uns aber eingestehen, dass wir uns längst in einem dritten Weltkrieg der neuen Art befinden, wie wir ihn bislang nicht kannten. Der ideologische Konflikt des Kalten Krieges ist weder verschwunden, noch hat er an Schärfe verloren. Im Gegenteil, er entwickelt sich mit ungeahnter Schnelligkeit zum offenen Konflikt des US-Imperiums gegen den Antiimperialismus. Dieser Feldzug zwischen der „exzeptionellen“ USA und ihrer christlich-abendländischen Gefolgschaft gegen Russland und China ist längst zum Kampf der einen verbliebenen Weltmacht gegen den Rest der Welt geworden. Man sollte sich nicht von den historischen Bildern der Weltkriege täuschen lassen. Dieser jetzige Weltkrieg findet neben den militärischen Schauplätzen in Ukraine, Gaza, am Golf und anderswo, an denen gekämpft, gelitten und gestorben wird, vor allem auf dem Feld der Wirtschaft statt. Das alles geschieht gleichzeitig. Global ist er längst, weshalb der Begriff Weltkrieg allemal angebracht scheint. Denn in der Wirtschaft fallen die Entscheidungen.

Ob sich diese Auseinandersetzung zum allumfassenden militärischen Waffengang oder gar zum Atomkrieg ausweitet, wissen wir nicht. Oder ob sich mit der Zeit die Kräfteverhältnisse so verschieben, dass der Kampf ohne dezidierten militärischen Sieg auf der einen und Niederlage auf der anderen Seite ausgeht, auch das bleibt im Ungewissen. Wobei schon lange vor dem Ukrainekrieg klar war, dass das US-Imperium nicht mehr auf wirtschaftliche Überlegenheit und Diplomatie setzen wollte und konnte, sondern nur noch auf militärische Power. Das weltweite Netz der US-Stützpunkte, das nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut worden war, spricht eine deutliche Sprache. Andererseits brauchten die Länder des globalen Südens, wie sie sich heute selbst bezeichnen, fast eine Generation, bis ihnen klar wurde, wohin sie gehören bzw. wie sie ihre Zukunft gestalten wollen. Dieser Prozess ist bis heute nicht abgeschlossen. Aber die Emanzipation der Länder des Globalen Südens lässt sich nicht mehr aufhalten.

Obwohl die Gründung der BRICS, der SCO und der Eurasischen Wirtschaftsunion wichtige Meilensteine auf diesem Entwicklungsweg waren, beschleunigte sich der Prozess erst durch die Konfrontation der Nato-Osterweiterung hin zum Ukrainekrieg 2022. Einen deutlichen Schub erhielt diese Entwicklung noch einmal seit dem 7. Oktober 2023 mit dem Beginn des Krieges in Gaza. Dessen Bedeutung haben die Menschen des angloamerikanischen Westens nicht wirklich mitgekriegt. Das sollten Sie auch nicht. Warum sonst unterhält die den Westen bestimmende Oligarchenklasse – das eine Promille der Weltbevölkerung – sich einen solch überbordenden Medien- und Propagandaapparat. Aber auch die herrschende Klasse selbst, inklusive den von ihnen angestellten, riesigen Regierungsapparate in NATO- und EU-Staaten, scheinen die Ereignisse und deren Geschwindigkeit nicht mehr so ganz einordnen zu können.

Historisch gesehen bietet sich nach rund 500 Jahren Herrschaft des christlichen Abendlandes über die Völker Afrikas, Asiens und Südamerikas die Möglichkeit, das koloniale und imperialistische Joch endgültig abzuschütteln. Zwar hatte sich die Arbeiterbewegung und ihr Anspruch auf eine Weltrevolution vor über 100 Jahren auch dem Kampf gegen die weltweite Ausbeutung und Unterdrückung verschrieben. Doch ihre Modelle waren entsprechend der damaligen Zeit genau so zentralistisch und von oben herab gedacht, wie die ihrer Unterdrücker. Auf den Gedanken, dass auch die Völker Selbstbestimmung wollten und brauchten, kam Ende des 19. Jahrhundert keiner der wohlmeinenden Befreier. In der Diktatur des Proletariats und des demokratischen Zentralismus erlebte der erhoffte Sozialismus nach Lenins Oktoberrevolution in Russland und Stalins Diktatur eine gegenteilige Entwicklung. Es gab weder ein demokratisches noch ein ökonomisches System, das zum Aufbau eines dauerhaften Sozialstaates führte. Nach Jahrzehnten der Erstarrung kam in den Jahren 1989 bis 1991 sein Ende.

Auch wenn dem US-Imperium als einzig verbliebener Weltmacht der Weg zur Beherrschung des Planeten offen zu stehen schien, nahm die Geschichte einen anderen Verlauf. Es war die ökonomische Entwicklung des US-Imperiums und seiner europäischen Verbündeten, die diesen Weg nicht zuließ. Nach Jahren der Prosperität im westlichen Kapitalismus, der auf der Ausbeutung der Völker und ihrer Ressourcen beruhte, begann der langsame Abstieg. Die westliche Realwirtschaft verlagerte ihre Produktionen in die damals sogenannten Entwicklungsländer. Übrig blieben im Westen immer weniger Wertschöpfung und eine stetig wachsende Rüstungsindustrie. Und es entstand die sogenannte Finanzindustrie, ein Reichtum versprechender Wirtschaftszweig für die Eliten, der mit bestehenden Unternehmen handelte, aber selten in Unternehmungen des Sozialstaates und dessen Absicherung investierte.

Zu dieser Entwicklung kam noch etwas hinzu, was man in Europa immer noch nicht verstanden zu haben scheint. Die Länder und Völker, die die Unternehmen des Westens als verlängerte Werkbank zur Erhöhung ihrer Profite ausersehen hatten, lernten schnell und nachhaltig. Sie überholten ihre ursprünglichen Herren und Auftraggeber. Das geschah nicht nur in China, sondern in vielen asiatischen Ländern. Ihre Realwirtschaften sind längst Treiber der weltweiten Investitionen und des Wachstums. Aus unterentwickelten Kolonien sind führende Wirtschaftsnationen geworden. Sie sind die Vorbilder für alle ehemaligen Kolonien, die zeigen, dass der Kolonialismus kein gottgegebenes Schicksal ist, sondern eine Machtfrage. Das ist die logische Grundlage für jeglichen Antiimperialismus.

Mit der Gründung von Organisation wie BRICS oder SCO haben die Underdogs beschlossen zu beißen. Der abendländische Westen hat das nicht für möglich gehalten, zu felsenfest schienen ihm die althergebrachten Machtverhältnisse. Entgegen den früheren Theorien von einer Weltrevolution und dem Guerillakampf mit der Waffe in der Hand kommt der jetzige Antiimperialismus auf leisen Sohlen daher. Es ist der wirtschaftliche Erfolg und die gegenseitige Unterstützung, die sich langsam aber sicher durchsetzen. Und das Wissen, wie das Wirtschafts- und Währungssystem zu Gunsten Ihrer Völker funktioniert und eingesetzt werden muss. Keine Theorien über Planwirtschaft und den Staat als zentralem Lenker aller ökonomischen Belange. Stattdessen aber die Akzeptanz, dass jedes Land seinen eigenen Weg suchen und finden kann und sollte. Keine Vorschriften mehr durch die Herren eines Imperiums.

Dieses Gegenprogramm gegen die Weltherrschaftspläne des US-Imperiums, also der Multilateralismus, findet immer mehr offene Anhänger in der Welt. Die Versuche der USA, Russland in der Jelzin-Zeit zum Vasallen zu degradieren und der erfolgreiche Kampf dagegen haben Russland und China zu den führenden Staaten in den Auseinandersetzungen für eine multilaterale Weltordnung werden lassen. Wir wollen hier bewusst nicht auf Details der aktuellen Entwicklung wie die Ent-Dollarisierung, Zahlungsverkehr in eigenen nationalen Währungen oder die Aufnahme neuer Mitglieder eingehen. Das US-Imperium und seine Oligarchen versuchen mit weltweiten Einschüchterungskampagnen und mit militärischen Aktionen dem entgegen zu wirken.

Ohne eine realwirtschaftliche Grundlage ist das aussichtslos. Das ökonomische Zentrum der Weltwirtschaft hat sich unwiderruflich nach Osten verlagert. Natürlich könnten die USA von ihren Weltherrschaftsplänen Abstand nehmen, um ein Gleicher unter Gleichen zu werden. Doch das ist nicht absehbar. Ob für die Weltmacht USA der Zug endgültig abgefahren ist, bleibt auch offen. Darin liegt die Kriegsgefahr, von der Eingangs die Rede war.

Bleiben noch die Länder des alten Europa. Von denen waren einige, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Deutschland und Italien, selbst einmal grausame Kolonialmächte. Inzwischen sind sie zu Vasallen der USA mutiert, die ihre ökonomische Kraft – oder verbliebene Kraft – aussaugt. Wollen diese Länder in der von US-Interessen bestimmten EU bleiben oder werden sie versuchen, sich zu lösen und mit dem Rest der Welt einen neuen, friedlichen, gemeinsamen Weg zu suchen?

Quellen und Verweise:
wikipedia • BRICS
wikipedia • Shanghai Cooperation Organisation, SCO
wikipedia • Eurasische Wirtschaftsunion
scienzz • Der Petro-Dollar endete am 9. Juni 2024
scienzz • Türkei und Thailand wollen in die BRICS

 


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