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Wo sind sie geblieben? Ein Plädoyer für den "Sofa-Widerstand"

Wo sind sie geblieben? Ein Plädoyer für den "Sofa-Widerstand" Bild von WOKANDAPIX auf Pixabay

Anläßlich der Initiativen von Andrea Drescher und von Free-People ist es mir ein Bedürfnis, ein paar persönliche Gedanken zu formulieren und hier zu veröffentlichen.

Die Organisation Free-People fordert in einem offenen Brief den sofortigen Rücktritt der Bundesregierung wegen Amtsmissbrauchs und Beteiligung an dem größten Verbrechen an der gesamten deutschen Bevölkerung; fast 62.000 Menschen haben ihn bis jetzt unterschrieben. Das ist wirklich ein großer Erfolg verglichen mit unserem eigenen Versuch von Anfang 2021, bei dem wir nicht einmal die 10.000-Unterschriften-Grenze überschritten hatten.

Andrea Drescher ihrerseits hat kürzlich die Initiative "WIR FORDERN..." ins Leben gerufen, mit dem Ziel alle zu rehabilitieren, die vor den Gefahren der Corona-Maßnahmen gewarnt haben und dafür Bedrohungen ausgesetzt waren und sind. Bis Dato teilen fast 12.000 Menschen die Forderungen dieses Appells. Da er relativ frisch ist, sind 12.000 Unterschriften wahrscheinlich auch als Erfolg einzustufen.

Trotzdem bin ich enttäuscht und frage mich, warum so wenige "aus unseren Reihen" – damit meine ich die Corona-Kritiker:innen und die Ungeimpften – bei diesen oder ähnlichen Aktionen mitmachen. Als wir Anfang 2021 unsere Petition "Wir fordern den Rücktritt der Bundesregierung" gestalteten, dachten wir mit unserem Text, den Millionen im Widerstand aus der Seele zu sprechen und dass diese große Anzahl in unserer Petition sichtbar werden würde. Wie bereits oben erwähnt, war dies nicht der Fall.

Wo waren sie denn geblieben, die 100-Tausende, die am 1. und am 29. August 2020 in Berlin demonstriert hatten? Wo die 10 oder gar 20 Millionen Ungeimpfte, die nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilhaben durften? Warum scheuen sie sich, eine Petition zu unterschreiben?

Das Zeichnen von Petitionen wird ja oft als "Sofa-Widerstand" abgetan, aber erstaunlicherweise scheint hier die Hürde höher als der Gang auf die Straße. Braucht es mehr Mut, seinen Namen unter eine konkrete Forderung zu setzen als anonym auf die Straße zu sein?

Das mag ein Grund sein, aber es gibt auch diese Gründe, die ich schon gehört habe:

  • Ich unterschreibe grundsätzlich keine Petition.
  • Petitionen bringen nichts / ich bin petitionsmüde.
  • Ich will meine Daten nicht hergeben.
  • Ich kann nicht unterschreiben, weil es im Text eine Formulierung gibt, die ich unpassend finde oder es fehlt etwas Wichtiges im Text.
  • Change.org o.ä sind Datenkraken bzw. nicht vertrauenswürdig.

Letzterem stimme ich aufgrund eigener schlechter Erfahrungen zu. Doch, obwohl ich mich jedes Mal ärgere, dass schon wieder Change.org als Petitionsplattform gewählt wurde, unterschreibe ich auch dort immer wieder Forderungen, die ich für wichtig halte – wie zuletzt geschehen bei dem Friedensmanifest von Schwarzer und Wagenknecht, das jetzt fast 700.000 Menschen (Stand 26.02.) unterschrieben haben.

Eine halbe Million und mehr, das sind Zahlen, die etwas aussagen und die anfangen können zu wirken – und dennoch ist es in diesem Falle eine kleine Zahl gemessen an dem Bekanntheitsgrad, den die Initiatorinnen und Erstunterzeichner:innen haben (Drewermann, Käßmann, Grässlin, Mausfeld, Lafontaine, Vad, Todenhöfer, ...). Deswegen hoffe ich sehr, dass die Anzahl der Unterschriften noch wachsen, vielleicht sogar die Million überschreiten wird. Es ist für Medien und Politik nicht mehr ganz so einfach, eine solche Zahl zu "übersehen", denn sie bleibt wochenlang erhalten und sichtbar.

Demos haben es deutlich schwerer, denn es ist eine seltene historische Leistung, zweimal innerhalb eines Monats eine Million Menschen auf die Straße zu bringen, wie es Michael Ballweg mit seinem Team im August 2020 gelungen ist. Mit dem schmerzlichen und empörenden Ergebnis, das wir kennen: dem Ignorieren dieser grandiosen demokratischen Ereignisse, der bewusst falschen Berichterstattung in den Leitmedien in Bezug auf Ablauf und Teilnehmerzahl und das lachhafte Aufbauschen des inszenierten Reichstags-Gaudi am 29.08.2020, bis hin zur grotesken und feigen Inhaftierung von Ballweg. So frustrierend es ist, beweist es doch im Grunde, dass die Macht solche Großdemos fürchtet. Michael Ballweg sitzt übrigens seit Ende Juli ohne Anklageschrift im JVA Stuttgart-Stammheim, seit 7 Monaten!

Eine Freundin und engagierte Aktivistin sagte mir letztens: „Wir müssen raus auf die Straße, wenn wir uns verstecken, sind wir verloren“. Dort, auf der Straße, ist sie oft zu finden, denn natürlich sind Demos ein sehr wichtiges Druckmittel, aber sie scheut sich auch nicht davor "Sofa-Widerstand" zu leisten, also Petitionen mit ihrem Namen zu unterschrieben, auch solche, die nicht perfekt formuliert sind und die sie selbst vielleicht anders verfasst hätte.

Mir geht es genauso. Ich unterschreibe oft Appelle, die nicht ganz meinen Vorstellungen entsprechen, bei denen ich bei einem Wort oder einem Satz ein Auge zudrücken muss, um das wirkliche Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Aber natürlich gibt es auch in manchen Texten Formulierungen oder Forderungen, die mir so zuwider sind, dass ich nicht unterschreiben kann.

Um zum Schluss zu kommen: Ja, diese persönlichen Zeilen sind ein Pladoyer für das Unterschreiben von Petitionen, EBI, offenen Briefen und Appellen. Genauso wie Demos und Briefe an Entscheidungsträger:innen oder Behörden sind sie ein politisches Instrument, das wir m.E. nicht abfällig betrachten oder gar vernachlässigen sollten.

Denn wer kann mit Sicherheit sagen, dass der Appell von Andrea Drescher oder der offene Brief von Free-People mit Millionen Unterschriften nichts bewirken würde? Warum versuchen wir es nicht einfach, millionenfach zu unterschreiben, und schauen, was passiert?

Mit den Worten von Free-People ausgedrückt:

"Hilf mit, dass die WirKraft Wirkung hat."

 


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