Ein Blick in die Statistik: die Fallzahlen und der Lockdown

Die sogenannte Fallzahl, Zahl der Infizierten oder Zahl der positiv Getesteten ist die Referenzgröße in der Corona-Krise. Sie wird benutzt, um die epidemische Lage zu beurteilen und Maßnahmen bis hin zum Lockdown zu begründen.

Wissenschaftlich gesehen ist sie dafür gar nicht geeignet.

Das Problem kann man sich relativ schnell vor Augen führen: Testet man fünf Personen oder 50.000, wo wird man mehr positive Ergebnisse finden? Natürlich bei der größeren Anzahl von Testungen, denn bei Corona ist es nicht anders als beim Blumenpflücken - wer länger pfückt hat den größeren Strauß. Richtige wäre die Angabe, wieviele Prozent der Getesteten positiv sind (Positivquote). Auch die Angabe von Infizierten pro 100.000 (Menschen) ändert an dieser Tatsache nichts.

Ohne Kenntnis der Anzahl der Testungen lassen sich Deutschland nicht mit Frankreich, Köln nicht mit München und gestern nicht mit heute vergleichen. Eine höhere Anzahl von Testungen führt zu einer höheren Fallzahl. Damit kann sie nicht verwendet werden, ein Risikogebiet auszuweisen oder Einschränkungen zu verhängen - je mehr in einer Region getestet wird, desto eher ist sie Risikogebiet.

Dennoch sind die Fallzahlen in den Medien omnipräsent. Sie werden in jeder Zeitung und jedem Fernsehsender täglich dargestellt. Auch das RKI hat eigens ein Dashboard eingerichtet, wo sie nicht nur für die ganze Republik, sondern auch für einzelne Regionen dargestellt werden. Aber auf den Seiten des RKI finden sich zum Glück auch die anderen Angaben -- allerdings etwas versteckter und nicht täglich aktualisiert.

Im Diagramm sind die Fallzahl (rot), die Anzahl der Testungen (gelb) und die Positivquote (blau) dargestellt. Es ist deutlich zu erkennen, dass den ganzen Sommer über die Positivquote stabil bei ca. 1% lag. Erst ab Anfang Oktober kommt es wieder zu einem Anstieg. Ab Mitte Juli nimmt jedoch die Fallzahl deutlich zu, ausgelöst durch einen rapiden Anstieg der Testungen und nicht durch mehr Infektionen. Die Anzahl der Tests, von denen übrigens jeder ca. 100€ kostet, wurden dabei von ca. 400.000 bis auf sagenhafte über 1,5 Mio./Woche erhöht.

Dennoch hat sich bereits Anfang August RKI-Chef Wieler über die steigenden Fallzahlen besorgt geäußert. Seltsam, dass weder er noch Drosten noch Physikerin Merkel sich mit statistischen Grundlagen auskennen.

Hintergrund:

Eine der Aufgaben des RKI ist die Beobachtung von Infektionserkrankungen. Davon sind viele, wie z.B. Hepatitis, meldepflichtig. Alle Ärzte und Krankenhäuser übermitteln also diese Fälle an das RKI, das dann alle in Deutschland vorkommenden Infektionen kennt und in einer Fallzahl erfasst. Lediglich Infektionen, die so milde verlaufen, dass kein Arztbesuch nötig war, bleiben hier außen vor.

Genau dieses Prinzip wendet man nun auf die Covid-Tests an, ohne jedoch zu berücksichtigen, dass hierbei im Gegensatz zur Hepatitis vor allem gesunde Menschen in ständig wechselndem Umfang getestet werden. Statistisch gesehen handelt es sich hier um Stichproben, die anders zu behandeln sind.

Quellen:
Wieler, Wikipedie (Inzidenz), Infektionsschutz, Bildquelle

 

 

 


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