Die Chancen von Robert F. Kennedy steigen

Die Chancen von Robert F. Kennedy steigen Quelle: Marek Studzinski auf Pixabay.com

Die Aufnahme der Ukraine in die NATO galt bislang als strategisches Ziel der US- und NATO-Politik. Das beginnt sich gerade zu ändern.

Der Präsidentschaftskandidat Robert F. Kennedy könnte davon profitieren. Spannung vor dem NATO-Gipfel in Vilnius.

Beim bevorstehenden NATO-Gipfel in Vilnius am 11. und 12. Juli 2023 wird das Hauptthema wohl die Zukunft des Ukrainekriegs und die Nachfolge auf dem Posten des NATO-Generalsekretärs sein. Wobei Letzteres nach der „wohl-oder-übel“ Verlängerung der Amtszeit von Jens Stoltenberg möglicherweise noch einmal auf die lange Bank geschoben werden könnte. Vor allem besteht als Dreh- und Angelpunkt die Aufgabe, den Ukrainekrieg als siegreichen Feldzug des gegenwärtigen US-Präsidenten Joe Biden zu verkaufen. Ohne einen „Sieg“ gegen Russland dürfte eine Wiederwahl des Demokraten chancenlos sein.

Es drücken zu sehr die Bilder des „schmachvollen“ Abzuges aus Afghanistan im Sommer 2021, den Biden zu verantworten hatte. Da die Wahl zum 47. US-Präsidenten aber erst Ende 2024, genau am 5. November, stattfinden wird, lauert als Megathema im Hintergrund die sich verschlechterndes Wirtschaft der USA. Gegenüber der heutigen Situation könnte das vieles verändern, auch bei der Kandidatenfrage.

Wie auch in Europa zu spüren, befindet sich die US-Wirtschaft auf dem absteigenden Ast. Obwohl unklar ist, wie stark sie zurückgehen wird, herrscht in der Wirtschaft selbst, wie bei den führenden Ökonomen die Ansicht, dass der Abwärtstrend längst nicht beendet ist. Dieser Prozess wird dazu führen, dass Joe Biden einen noch größeren Teil der öffentlichen Unterstützung verlieren wird. Auch die Wählerunterstützung gegen den republikanischen Kandidaten Donald Trump könnte abnehmen.

Wenn der wirtschaftliche  Rückgang während der Vorwahlen, vor allem bis zum sogenannten Super Tuesday der Demokratischen Partei am 5. März 2024 landesweit spürbar wird, dann kommt das einem Kandidaten innerhalb der Demokratischen Partei zu Gute, der bislang als chancenlos galt: Robert F. Kennedy (RFK Jr.), dem Neffen des ehemaligen Präsidenten John F. Kennedy. Sollte dieser Prozess so verlaufen, dann wird die Wählerunterstützung von RFK Jr. früh genug im Wahljahr steigen, so dass er zum Kandidat der Demokratischen Partei werden könnte.

Darüber hinaus ist am 7. Juli 2023 etwas geschehen, das Bidens Wahlchancen weiter verschlechtern wird: Die Zeitschrift „Foreign Affairs“, das angesehene Publikationsorgan des „Council on Foreign Relations“, dem Sprachrohr des US-Establishments und der sogenannten NeoCons, forderte in einem Artikel "Don't Let Ukraine Into NATO".

Von der offenen Ablehnung der Aufnahme der Ukraine in das Bündnis kriegen die Leser der bundesdeutschen Kikeriki-Medien vorerst nichts mit. So wie das zu Beginn des Jahres mit einer Publikation des Think tanks RAND Corporation geschehen war, die bereits damals argumentiert hatte, eine Fortsetzung des Ukrainekrieges liege nicht mehr im nationalen Interesse der USA. Nun erscheint dies als öffentlicher Dolchstoß gegen das, wofür die Biden-Administration und die NATO bislang unisono plädiert hatten, nämlich, dass die Ukraine in die NATO aufgenommen werden müsse, auch wenn man sich über den Zeitpunkt uneins gewesen sein mag. Schließlich sei dies der Grund für den nicht offen erklärten Krieg der USA und der NATO gegen Russland und das Sterben in der Ukraine gewesen.

Damit wird deutlich, dass ein Kurswechsel der US-Politik sich nicht nur gegen Biden und sein rechtsextremes, neokonservatives Team richtet, zuvorderst gegen Außenminister Antony Blinken und seine Nummer zwei, Victoria (fuck the EU) Nuland. Auch nicht alleine gegen Jake Sullivan, Bidens Nationalen Sicherheitsberater oder Verteidigungsminister Lloyd Austin, die ebenso für eine globale Eroberungspolitik des US-Imperialismus eintreten wie Blinken und Nuland.

Es wird vielmehr etwas anderes deutlich: Es wächst die Unterstützung unter Amerikas Milliardären, Bidens auf Eroberung ausgerichtete Außen- und Wirtschaftspolitik neu auszurichten. Ob diese etwas weniger imperialistisch sein wird, bleibt die Frage. Es dürfte eher das Gegenteil der Fall sein. Die Priorität wird sich verschieben in Richtung China und das dahinter stehende Bündnis der BRICS-Staaten und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ, englisch Shanghai Cooperation Organisation, SCO).

Der Artikel in Foreign Affairs stellt einen Wendepunkt dar. Er wird nicht nur der Position von RFK Jr. als Präsidentschaftskandidat zu Gute kommen. In Sachen Ukrainekrieg sowie der Covid-19 Politik wird dies dazu führen, dass andere Positionen auf die Tagesordnung kommen. Denn er ist der einzige Kandidat in beiden Parteien, der gegen die Neokonservativen auftritt und die offizielle Politik der Biden-Administration energisch kritisiert.

So forderte er als Einziger offen, eine Aufnahme der Ukraine in die NATO aufzugeben und von den Impfungen Abstand zu nehmen. Jetzt könnte es auf dem NATO-Gipfel in Vilnius dazu kommen. Aber gleichgültig, ob das sofort passiert oder etwas später, es wird auf alle Fälle Bidens Position im Kampf um die Präsidentschaft schwächen. Wie es scheint, sind es diese zwei Trends – einer gegen Bidens bzw. der NeoCons wirtschaftspolitisches Management, und der andere gegen dessen außenpolitisches Management –, die zu Veränderungen führen und die Kräfteverhältnisse verschieben werden. Darüber hinaus bleibt Skepsis, ob eine veränderte Zielstellung des US-Imperialismus zu mehr Frieden und weniger Unterdrückung führen wird.

Es sei an die Tatsache erinnert, dass es bislang unklar war, ob die NeoCons in der Ukraine nur bis zur Klippe eines Dritten Weltkriegs oder aber darüber hinaus gehen wollten. Eine Einigung der Biden-Administration mit Putin, bislang vehement abgelehnt, könnte als eine „Frontbegradigung“ angestrebt werden – ähnlich wie in Afghanistan – die der Einsicht folgt, die USA müsse sich auf den Hauptfeind konzentrieren.

Es würde vordergründig dazu führen, dass die politische Unterstützung für RFK Jr. bei der Wählerschaft in die Höhe schießt, zumal die „Einsparung“ Hunderter von Milliarden Dollar an US-Steuergeldern, die der Ukrainekrieg „gekostet“ hat, einem neuen Präsidenten zu Gute geschrieben werden würden. Die Unterstützung für RFK Jr. würde zunehmen, weil ein Teil der neokonservativen Wählerschaft – nicht nur in der Demokratischen Partei – den weiteren Ausbau des US-Imperiums, zumindest in Sachen Eroberung Russlands, vorerst weniger unterstützen würde.

Man sollte nicht überrascht sein, wenn im Zusammenhang mit der Präsidentenwahl, aber auch danach, die US-Politik sich erst einmal auf die inneren Verhältnisse im Land konzentriert. Vorerst.

Quellen und Verweise:
Kennedy baut sich auf fürs Weiße Haus  
Das asiatische Jahrhundert hat längst begonnen  
Die US-Eliten wollen Ukraine nicht in der NATO  
Orban: Die EU am Rande des Bankrotts

 


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