Drosten, einfach nur Drosten

Spätestens seit Corona kennt ihn jeder: Christian Drosten, den mit zwei Bundesverdienstkreuzen dekorierten Starvirologen der Bundesregierung.

Jetzt haben aber der Blogger, Artur Aschmoneit, und der Wissenschaftler, Markus Kühbacher, an seiner Oberfläche gekratzt. Und vielleicht steckt da hinter der Fassade doch etwas Anderes, als man denkt.

"Wer unbefugt [...] akademische Grade, Titel oder öffentliche Würden führt, […] wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft." (StGB §132a)

Angefangen hat es mit zwei im Internet veröffentlichten Lebensläufen. In dem einen wurde Herr Drosten 2003 promoviert, im anderen hat er die Doktorwürde schon 2000 erlangt. Seltsam, aber in solchem Falle hilft ein schneller Blick in die Dissertation, um das richtige Datum zu ermitteln. Doch diese war zunächst nicht auffindbar, weder am Ort des Geschehens, der Goethe-Universität Frankfurt, noch im deutschen Staatsarchiv, der (verpflichtenden) Sammelstelle aller deutschen Promotionsschriften. Christian Drosten wäre demnach nur ein Fake-Doktor?

Doch erst jetzt, nimmt der Krimi richtig Fahrt auf. Nach den ersten Blogeinträgen von Artur Aschmoneit taucht plötzlich im Juni an der Goethe-Universität ein Exemplar auf. Zunächst nur ein pdf von Titelblatt und Gliederung, später auch ein Scan. Dieses Exemplar war zwar nur im Lesesaal verfügbar, aber dennoch dauerhaft verliehen und nicht vormerkbar. Doch im Laufe der Zeit vermehrten sich die Exemplare und wurden 2020 auch ordnungsgemäß beim Staatsarchiv eingereicht.

Im Lesesaal durfte schließlich eines, ein Scan von 2020, kopiert werden, doch nur zu 75%. Die Erteilung eines offiziellen Kopierauftrages wurde abgelehnt mit der Begründung, das ginge erst 70 Jahre nach dem Tod des Verfassers... Nach dieser Zeit erlischt tatsächlich i.d.R. das Urheberrecht. Doch hier geht es nicht um eine Veröffentlichung des Werkes, sondern um Kopien für den wissenschaftlichen Gebrauch -- das sollte die Uni-Bibliothek in Frankfurt wissen.

Bei dem Versuch, das Rätsel dieser in Stücken auftauchenden Dissertation zu lösen, erhielten Aschmoneit und Kühbacher die folgenden Erklärungen von der Goethe-Universität:

  1. Die Dissertationen wurden bei einem Wasserschaden beschädigt und waren nicht mehr verleihbar. Netterweise hat dann Herr Drosten sein Exemplar zur Verfügung gestellt.
  2. Es bestand keine Veröffentlichungspflicht, da bereits drei Veröffentlichungen zu dem Thema gemacht wurden.

2014 gab es tatsächlich einen Wasserschaden an der Uni, jedoch gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass dabei die Bibliothek in Mitleidenschaft gezogen wurde. Diese Erklärung macht es ohnehin nicht plausibler, warum auch schon vor 2014 die Dissertation nicht katalogisiert war.

Die "Alternativ-"Erklärung gibt sich hier schon besser, hat doch Drosten tatsächlich drei Fachaufsätze veröffentlicht und damit der Promotionsordnung genüge getan -- der aktuellen von 2014. Nur dumm, dass es zu seiner Zeit (2000 oder 2003) diese Möglichkeit der kumulativen Dissertation noch nicht gab...

Aber auch darüber hinaus finden sich zahlreiche Merkwürdigkeiten. So gibt das Titelblatt der Diss 2001 als Jahr der Einreichung an, die Goethe-Universittät das Jahr 2002. Außerdem gibt es eine ehrenwörtliche Erklärung, aber ohne Unterschrift. Explizit werden Dekan und Referenten aufgezählt, dies ist wiederum ein Bestandteil der aktuellen Prüfungsordnung. Und der Tag der Prüfung, der 22.03.2003, fällt auch noch auf einen Samstag.

Den langen Zeitraum von Einreichung bis zur Prüfung erklärt die Universität sicherheitshalber, schon bevor sie gefragt wird: Die zwei Prüfer waren sich des Summa Cum Laude einig und haben daher noch einen dritten Prüfer befragen wollen...* und dann musste auch noch der Fachbereichsrat die Note entscheiden (was dieser normalerweise nicht tut).

Ohne Drosten die Befähigung zum wissenschaftlichen Arbeiten absprechen zu wollen, drängt sich hier der Verdacht auf, dass die Dissertation, wenn sie damals überhaupt geschrieben, nie veröffentlicht wurde.

Doch spätestens seit 2020 kann sich Herr Drosten Doktor nennen. Zu verdanken hat er das wahrscheinlich weniger seiner eigenen Arbeit als vielmehr seiner politischen Bedeutung.

 

* Nur bei unterschiedlichen Bewertungen wir ein dritter Prüfer befragt.

Quellen:
Artur Aschmoneit (diverse Artikel, Suche nach Drosten)
Corona-Transition,
Corona-Untersuchungsausschuss, Sitzung 22

 


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