Corona-Widerstand überwindet Demoverbot in Berlin

Corona-Widerstand überwindet Demoverbot in Berlin Klaus Oberzig

Die Demonstrationen am Wochenende des 28. und 29. August 2021 in Berlin haben es erneut bewiesen: Der Widerstand gegen das Pandemie-Regime ist stark und lässt sich auch nicht durch Demonstrationsverbot von der Straße fegen.

Im Gegenteil. Nach den Erfahrungen des ersten August, als die verbotene Demonstration dennoch stattfand und sich quer durch Berlin, vom Westend bis zum Alexanderplatz durchgekämpft hatte, war klar, dass auch die Demo am 29.8.2021 durchgeführt werden würde. Egal ob mit Verboten oder ohne. Aus der ursprünglich für den 29. August angekündigten Demonstration wurden zwei komplette Demonstrationstage, während deren der Widerstand erneut seine Dynamik und seinen Einfallsreichtum zeigte.

Es waren keine normalen Demos, da weder Start noch Ziel feststanden, sondern über Telegram-Kanäle übermittelt wurde. Auch während der Züge wurde flexibel auf die Störmanöver und Angriffe der Polizeikräfte reagiert. Im Ergebnis waren sowohl Samstag wie Sonntag eine große Anzahl von Demonstranten unterwegs, sowohl in kleinen Gruppen wie auch in mehreren großen Demonstrationszügen.

Der Sonntag brachte insofern ein Novum, als dass es ausschließlich durch den Berliner Osten ging. Interessant war nicht nur, dass die 4.000 eingesetzten Polizeibeamten dies nicht verhindern konnten, sondern durch ihre wenig planvolle Taktik des Absperrens großer Straßen und des Abdrängens in Seitenstraßen den Weg in die Wohnquartiere östlich des Berliner Alexanderplatzes bereiteten. Ob dies von den Organisatoren der Demonstration so geplant war, bleibt unklar. Aber so zogen Demonstranten durch ihnen unbekannte Gegenden des Ostens, während die dortige Bevölkerung wohl zum ersten Mal solch große Züge vor der eigenen Haustür erlebte.

Die Linie des Berliner Senats mag durch folgende Aspekte bestimmt gewesen sein. Im Gegensatz zum ersten August sollte wohl der Eindruck eines weniger harten Vorgehens erweckt werden. Es ist schließlich Wahlkampf. Und zwar der zum Bundestag wie zum Berliner Landesparlament, dem Abgeordnetenhaus. Zudem findet eine Volksabstimmung „Deutsche Wohnen und Co. enteignen" statt. Zudem war die politische wie die Polizeiführung offenbar nicht gut vorbereitet auf den tatsächlichen Ablauf der Demonstrationszüge. Dabei mag es eine Rolle gespielt haben, dass die Mehrzahl der Demonstranten bereits am Samstagmorgen auf der Straße präsent war. Ob die polizeilichen Einsatzpläne dies eingeplant hatten, mag dahingestellt bleiben.

Deutlich war aber am zweiten Demonstrationstag eine gewisse Ermüdung und Unlust bei den Uniformierten festzustellen. Das ständige Aufsitzen, durch wenig bis unbekannte Straßen fahren um dort wieder abzusitzen, hat die Truppe sichtbar überfordert und ermüdet. Nach der Kritik der Systemmedien nach dem ersten August, die Polizei und der Innensenator Geisel (SPD) hätten sich „von den Demonstranten vorführen lassen", wollten diese wenigstens noch einen, wenigsten medial verwertbaren Showcase erzeugen. Im Prenzlauer Berg, in der Danziger Straße, wurde in den Abendstunden eine Gruppe von Demonstranten vom Zug abgespalten und eingekesselt, um in eigens aufgestellten Zelten deren Personalien zu erfassen.

In den Berliner Lokalmedien wurden die beiden Demonstrationstage danach recht niedrig gehängt. Ganz im Gegensatz zum zweiten August. Bundesweit wurden sie teilweise gar nicht behandelt, so als ob sie nicht stattgefunden hätten. Das mag einerseits daran gelegen haben, dass die zwei Tage eine Niederlage für den Verbotskurs des Berliner Senats darstellten. Denn, dass es für die drei Parteien der regierenden rot-rot-grünen Koalition kein Ruhmesblatt war, passte nicht zum Wahlkampf in der Hauptstadt. Zugleich hat es aber sicher auch mit dem Charakter der Demonstrationen selbst zu tun. Anders als in Demonstrationszügen, etwa von Gewerkschaften oder großen Belegschaften, wurden hier keine zentralen Parolen und Forderungen in den Zügen mitgeführt.

Die Widerstandsbewegung gegen das Corona-Regime ist zwar eine dynamische, zugleich aber auch heterogene Bewegung, die wenig abgestimmt ist. Das gilt insbesondere für die politischen Forderungen. Ein zentraler Punkt – wie die Wiederinkraftsetzung der Grundrechte – konnte, von außen betrachtet, nicht unbedingt mit der Demonstration in Verbindung gebracht werden. Auch das Thema Impfen wurde individuell und nicht mit großen Transparenten am Anfang der Züge angesprochen. Vielmehr stand es mit vielen anderen Statements – verbal oder auf kleinen Tafeln vorgetragen – im Wettbewerb und ging dabei unter.

Diese offensichtliche Schwäche der Widerstandsbewegung macht es den Systemmedien leicht, den Erfolg der beiden Demonstrationstage herunterzuspielen. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass diese Mängel deutlich wurden, auch wenn sie durch die Einsatzbereitschaft und den Mut der Demonstranten ausgeglichen wurden. Allerdings zeigt es sich auch deutlich, dass der Widerstand neue Impulse und einer festeren organisatorischen Struktur bedarf. Jetzt gilt es, die richtigen Schlussfolgerungen aus den beiden Tagen in Berlin zu ziehen.

 


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