Von begnadigten Kriegsverbrechern und gefolterten Whistleblowern

Das System steht Kopf: überall Militär, Polizei, Söldner und angebliche Sicherheit, aber nirgendwo Gerechtigkeit. Julian Assange sitzt im Gefängnis und Whistleblowerin Chelsea Manning wurde in den USA gefoltert.

Doch die Mörder, die sie enttarnt haben, sind frei und Präsident Trump begnadigt Kriegsverbrecher.

Ihr Name ist Chelsea Manning. Sie ist amerikanische Soldatin und hat mehrere Hunderttausend Geheimdokumente über die Kriege im Irak und in Afghanistan kopiert. Dokumente, die belegen, dass diese Kriege weder human noch ohne zivile Opfer sind. Sie decken Kriegsverbrechen auf, darunter alleine 303 Fälle von Folter.

Publiziert wurden sie von WikiLeaks, einer von Julian Assange gegründeten Whistleblowing-Plattform. Am bekanntesten ist das Video "Collateral Murder", das die "Hinrichtung" mehrerer unbewaffneter Menschen zeigt, unter anderem zweier Reuters-Redakteure. Anstatt die Kriegsverbrechen aufzuklären, wurde Manning festgenommen und bis zu ihrem Prozess unter Haftbedingungen eingesperrt, die deutliche Züge von Folter haben: Einzelhaft ohne Sport, ohne Kopfkissen und teilweise ohne Kleider.

Sie wurde schließlich zu 35 Jahren Haft verurteilt, die nach sieben Jahren durch Präsident Obama kurz vor seinem Amtende ausgesetzt wurde. Dennoch musste sie seit 2019 immer wieder ins Gefängnis. Durch "Beugehaft" versuchen die USA belastende Aussagen gegen Assange zu erzwingen -- Praktiken, die schon die Inquisition nutzte. Von Menschenrechtsorganisationen wurde Chelsea Manning mit Preisen geehrt -- einen Einfluss auf die Politik hat das nicht.

Seit "Collateral Murder" jagen die USA auch Julian Assange. Er flieht zunächst nach Schweden, dann 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London. 2019 wird ihm das Asyl entzogen und er wechselt aus dieser quasi-Gefangenschaft in das Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Ein Gericht beschäftigt sich nun damit, ob Assange an die USA ausgeliefert wird. Solange gelten auch für ihn erschwerte Haftbedingungen mit Einzelhaft und wenig Zugang zu Informationen.

"Seit dem Lockdown im März kommt seine Haft noch mehr einer Isolationshaft gleich. Seine Anwälte und seine Familie haben keinen richtigen Zugang zu ihm. Er konnte von März bis August nicht von seiner Verlobten und seinen zwei kleinen Söhnen besucht werden. Manchmal bekommt man das Gefühl, als wollten die zuständigen Behörden Assange durch Krankheit und Tod loswerden. Diese Geschichte ist ein absoluter Skandal und dass die Bundesregierung und ihre Sprecher sich hinter der Aussage verstecken, das Vereinigte Königreich sei ein Rechtsstaat, zeugt nicht gerade von Mut oder dem Willen zur Wahrheitsfindung." [6]

schreibt Moritz Müller auf den Nachdenkseiten. Die schweizerische Zeitschrift Republik ergänzt:

"Das Gericht in London, das am 4. Januar 2021 sein Urteil verkünden wird, hat bis heute nie öffentlich Stellung genommen, warum man Assange überhaupt in Einzelhaft steckt; warum man ihn überhaupt wegsperrt; warum er an den Gerichtsverhandlungen gefesselt hinter Panzerglas sitzen muss, als wäre es Assange, der schwere Kriegsverbrechen begangen hat." [8]

Positiv stimmt das alles nicht. Assange ist ein politischer Gefangener und dürfte damit nicht ausgeliefert werden. Darauf weist z.B. der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, hin. Er und viele Menschenrechtsorganisationen fordern die sofortige Entlassung Assanges. Doch in diesem politischen Prozess scheint das Recht keine Rolle zu spielen.

Es gäbe natürlich die Möglichkeit, dass Präsident Trump ihn kurz vor Amtende noch begnadigt. Nicht sehr befriedigend, denn begnadigt werden kann nur, wer auch schuldig ist. Dennoch hat Melzer einen Brief geschrieben und auch der Australier Georg Christensen eine Art Petition gestartet, gerichtet an Donald Trump, der zwischen "I love Wikileaks" und der Todesstrafe für Assange schwankt. [7, 10]

Ihr Name ist Chelsea Manning, sie hatte am 17. Dezember Geburtstag. Fünf Tage später am 22. begnadigt Trump vier Söldner von Blackwater, verurteilt wegen Mord und Totschlag an Zivilisten und Kindern. Der lange Arm von Blackwater reicht weit in das Weiße Haus, weiter jedenfalls als die Menschenrechte.

Die UN verurteilt dies und stellt klar, dass es gegen Völkerrecht verstoße: Die USA hat sich in den Genfer Konventionen dazu verpflichtet, Kriegsverbrechen aufzuklären und zu verfolgen.

"Dafür zu sorgen, dass solche Verbrechen rechenschaftspflichtig sind, ist eine Grundlage für Menschlichkeit und in der Kommunikation der Nationen. Begnadigungen und Amnestien oder jegliche Form der Entschuldigung für Kriegsverbrechen sind eine offene Tür für zukünftigen Missbrauch, wenn Staaten  private Armeen oder Sicherheitsfirmen einsetzen bei der Erfüllung staatlicher Aufgaben." (Jelena Aparac, UN)

Viel Resonanz hat dies in der Presse nicht gefunden. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass die USA im Ausland ungestraft die abscheulichsten Verbrechen begehen kann und dass ihr Staaten wie Großbritannien und auch Deutschland dabei beistehen. Diese Länder kann man mit Recht als Schurkenstaaten bezeichnen.

Es ist Zeit, dass wir etwas ändern.

 

Quellen und Verweise:
[1] Wikipedia: Chelsea Manning
[2] Geboren.am: Chelsea Manning
[3] Collateral Murder
[4] Wikipedia zu Collateral Murder
[5] Wikipedia: Julian Assange
[6] Nachdenkseiten: Happy Birthday, Chelsea Manning! Freiheit für Assange!
[7] Nachdenkseiten: Nils Melzer bittet Trump um Begnadigung von Assange
[8] Republik.ch: Überall Militär, Polizei, Söldner, «Sicherheit» – aber nirgendwo Gerechtigkeit
[9] Free Assange Petition mit interessanten Updates
[10] Georg Christensen: Brief an Trump (Petition)
[11] SZ zu den Begnadigungen
[12] Reuters zu den Begnadigungen
[13] RT zu den Begnadigungen
[14] Wikipedia: Blackwater alias Academi


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