Die Krankenhäuser in Gaza und das Gesetz des Krieges

In der täglichen Zusammenfassung findet Andrew Stroehlein vom Human Rights Watch klare Worte zum Umgang Israels mit palestinensischen Gesundheitseinrichtungen.

Wir geben dies hier in einer deutschen Übersetzung wieder.

"Bedauerlich, das Krankenhaus funktioniert nicht mehr als Krankenhaus".

Diese Worte des Generaldirektors der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, haben gestern Abend die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit noch stärker auf das Al-Shifa-Krankenhaus in Gaza gelenkt.

Er sagte, es sei ihm gelungen, mit dem medizinischen Personal des größten Krankenhauses im Gazastreifen in Kontakt zu treten, das ihm mitteilte, dass es seit drei Tagen (jetzt vier) keinen Strom und kein Wasser gebe. Schüsse und Bombardierungen in der Umgebung des Krankenhauses verschlimmerten die Lage noch, und mehr und mehr Patienten sterben.

Der Guardian berichtete heute Morgen, dass das Al-Shifa-Krankenhaus inmitten der israelischen Luftangriffe ohne Sauerstoff, medizinisches Material und Energie für die Versorgung der Brutkästen dastehe. Ein israelischer Militärschlag auf einen Rettungswagen direkt vor dem al-Shifa-Krankenhauses vor zehn Tagen verstärkt die Angst, dass noch Schlimmeres kommen wird.

Der Chef der WHO war unmissverständlich:

"Die Welt kann nicht schweigend zusehen, wenn Krankenhäuser – die eigentlich sichere Zufluchtsorte sein sollten – zu Schauplätzen von Tod, Verwüstung und Verzweiflung werden."

Seit Wochen geben die Erklärungen der israelischen Armee zu den Krankenhäusern im Gazastreifen Anlass zu großer Sorge um die Sicherheit der Patienten und des medizinischen Personals. Sie beschuldigen bewaffnete palästinensische Gruppierungen, medizinische Einrichtungen für militärische Operationen zu nutzen.

Wenn das stimmt, würde dies Zivilisten in Gefahr bringen und das Kriegsrecht verletzen. Denn dieses würde dem israelischen Militär in keinem Falle freie Hand lassen, gegen das Krankenhaus zu unternehmen, was es will.

Krankenhäuser genießen im Kriegsrecht einen besonderen Schutz, den sie nur verlieren, wenn sie benutzt werden für "Handlungen, die dem Feind schaden". Außerdem dürfen Angriffe auf sie nur nach einer angemessenen Warnung erfolgen.

Diese Warnungen müssen klar sein und dürfen nicht zu dem Zweck ausgesprochen werden, den Betrieb des Krankenhauses zu behindern oder eine Evakuierung zu erzwingen. Die Evakuierung von Patienten, medizinischem Personal und anderen Personen sollte nur als allerletztes Mittel eingesetzt werden.

Bei seinem Vormarsch in der Gegend um al-Shifa hat das israelische Militär aufgerufen, das Krankenhaus zu Evakuieren, und letzte Woche erklärt, dass "die Zeit knapp werde" für die Zivilbevölkerung das Krankenhauses zu verlassen. Es gibt jedoch keine zuverlässig sichere Route für die Evakuierung. Satellitenbilder bestätigen Feuer, Militäroperationen und Straßensperren auf allen möglichen Straßen.

Und viele der kranken und verletzten Menschen im Krankenhaus könnten nicht fliehen, selbst wenn die Straßen frei wären.

Dies ist vielleicht der wichtigste rechtliche Aspekt: Menschen, die das Krankenhaus nicht verlassen können, sind nach dem Kriegsrecht immer noch geschützt gegen wahllose oder unverhältnismäßige Angriffe .

Das Gesundheitssystem des Gazastreifens bricht nicht nur im al-Shifa zusammen.

Das Abschneiden der Grundversorgung durch Israel und die Blockade praktisch aller Hilfen, einschließlich Medikamenten, haben in Verbindung mit Angriffen auf Gesundheitseinrichtungen laut dem palästinensichen Gesundheitsministeriums dazu geführt, dass 23 von 35 Krankenhäusern im Gazastreifen geschlossen wurden.

Besonders akut ist die Lage der Krankenhäuser im Norden Gazas, von denen einige evakuiert wurden und andere nicht. Auch das Kamal-Adwan-Krankenhaus stellte seinen Betrieb ein, nachdem dem Hauptgenerator der Treibstoff ausgegangen war, wie der Direktor des Krankenhauses gegenüber Al Jazeera erklärte.

Die israelischen Behörden müssen unverzüglich die Einfuhr von Treibstoff in den Gazastreifen über den Rafah-Übergang nach Ägypten zulassen und die notwendigen Schritte unternehmen, um ihren eigenen Handelsübergänge nach Gaza für humanitäre Hilfe wieder zu öffnen, wie sie es bereits bei früheren Feindseligkeiten getan haben. Sie dürfen den 2,2 Millionen Menschen im Gazastreifen nicht den Treibstoff vorenthalten, der für den Betrieb von Krankenhausgeneratoren und Wasserpumpen benötigt wird.

Die vorsätzliche Behinderung der Lieferung lebensrettender Hilfsgüter ist ein Kriegsverbrechen.

Krankenhäuser bieten Versorgung und Schutz von Kranken, Verletzten und Vertriebenen und müssen vor allem in Kriegszeiten geschützt werden. Ärzte, Krankenschwestern und Rettungswagen muss erlaubt sein, ihre Arbeit zu verrichten, und sie müssen unter allen Umständen geschützt werden.


Quelle:

Human Rights Watch • Gaza’s Health Care System Is Collapsing

 


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